DVV-Card: Chance oder Realitätsverlust?

 

 2018 06 14 volleypassion dvv card
 
 


„Volley Passion“ und die DVV Card

Das Thema der Digitalisierung und Modernisierung sind heutzutage keine Neuerungen mehr. In der Wirtschaft zum Beispiel setzen sich Funktionäre und Unternehmer zusammen, um das Thema Industrie 4.0 voran zu treiben. Auch im Sport müssen dringend Veränderungen hinsichtlich fortschreitender Digitalisierung vorgenommen werden. So auch im Volleyball.
Der Verbandstag des Westdeutschen Volleyball-Verbands (WVV) am vergangenen Sonntag zeigte richtungsweisend die Zukunft des digitalen Volleyballsports auf. So wurde bereits der elektronische Pass (ePass) und wird der elektronische Spielberichtsbogen (E-Spielberichtsbogen) in ausgewählten Ligen getestet und eingeführt. Auch das Konzept „WVV 2025“ zeigt, mit welchen Konzepten die Verbandsarbeit des WVV unsere Sportart voran bringen möchte.
Auch der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) war mit einer Idee zur Förderung des Leistungsbereichs im Volleyball auf dem Verbandstag des WVV anwesend: Das DVV- Portal „Volley Passion“ und die „DVV Card“.

„Volley Passion“ soll das Portal für Volleyball ab dem 1. Juli 2018 in Deutschland werden. Die verpflichtende „DVV Card“ soll für alle Passinhaber eine ID beim DVV hinterlegen, ohne die ein Spielerpass eines Landesverbands (LV) keine Gültigkeit mehr hat.
Hätte man die meisten Volleyballer in Nordrhein-Westfalen vor Ende November 2017 gefragt, was denn die DVV Card sei und wozu sie genutzt werden soll, hätte wohl kaum jemand diese Frage ernsthaft beantworten können. Dabei wurde bereits auf dem Verbandstag des DVV am 24.06.2017 das Projekt vorgestellt und auf dem folgenden Verbandstag des DVV am 25.11.2017 verbindlich beschlossen, dass die DVV Card – für die Saison 2018/2019 kostenfrei – eingeführt wird. Dies spiegelt deutlich die verfehlte Informationspolitik für das ambitionierte Projekt des DVV wider.
Die Präsentation des Portals „Volley Passion“ und der DVV Card durch die Vertreter des DVV - David Schüler (DVV-Vizepräsident Finanzen) und Erik Ackermann (Marketing-Leiter der Deutschen Volleyball Sport GmbH) – ähnelte eher einer Werbeveranstaltung, als einer ernsthaften Informationsvermittlung über das schon beschlossene Projekt.
So konnten die Vertreter des DVV Schüler und Ackermann keine Lösungsvorschläge oder Alternativen für die Bedenken der Vertreter der Vereine und Volleyballkreise liefern. Ebenso schwammige Informationen findet man zu dem Projekt „Volley Passion“ auf den Seiten des DVV.
Grundsätzlich ist das Projekt des DVV eine tolle Idee, um den Volleyball in Deutschland zu vernetzen und ihn bekannter zu machen. So soll es auf der Plattform einen Ergebnisdienst aller deutschen Ligen geben. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, mehrere Statistiken zu nutzen, welche auch in eine weitere coole Ideen des DVV einfließen:
Auf der Grundlage aller Ergebnisse sollen drei Rankings erstellt werden, welche ...

  • ... die nervenstärksten Mannschaften (welche die meisten Tie-Break Spiele gewonnen haben),
  • ... den Seriensieger (welcher die meisten Siege in Folge besitzt)
  • ... und den Effizienzbolzen (mit dem besten Ballquotienten) auszeichnen.

Diese Rankings beziehen alle Ligen innerhalb des DVVs ein und stellen somit einen Vergleich zwischen Mannschaften in den Bundesligen bis zu den Kreisligen her. Die Gewinner dieser Rankings können sich nicht nur geehrt fühlen sondern erhalten 20 Tickets für das nächste DVV-Pokalfinale oder die Volleyball Nations League (VNL).  Zudem sollen die Inhaber der DVV Card Vergünstigungen von den Sponsoren des DVV sowie Rabatte auf Tickets für Volleyballevents des DVV erhalten.

DVV Card ab 2019/2020 kostenpflichtig?

Warum aber soll das Projekt zur Saison 2019/2020 kostenpflichtig werden? Klar, der Verband benötigt für die kommenden Maßnahmen und Aufgaben finanzielle Mittel. Diese soll er auch bekommen, aber auf einem für die Spielerinnen und Spieler so komplizierten Weg?
Gerade in den BFS-Ligen werden viele Spielerinnen und Spieler die Mehrkosten und den Mehraufwand nicht mittragen.
Auch bei den Jugendlichen (DVV Card ab 14 Jahren) erschwert es den Einstieg in unsere schöne Sportart durch komplizierte Mehrfachregistrierungen und weitere finanzielle Hürden.
Hierzu ein Kommentar von Steve Blaudszun (Kreisjugendwart des VK Soest): „Der DVV hat hier für mich gezeigt, dass er den Bezug zum Volleyball an der Basis komplett verloren hat. Dies wird deutlich wenn wir das Anmeldeverfahren eines Jugendspielers einmal durchspielen:
Es konnte durch Schulprojekte ein neuer Spieler gewonnen werden welcher in der kommenden Saison für den Verein spielen soll. Der Spieler muss nun also  die Anmeldung des Vereins, die Datenschutzerklärung des Vereins sowie eine Einwilligung zur Erhebung von Daten für den Spielerpass des Landesverbands ausfüllen. Nun kommt noch die Anmeldung im DVV-Portal hinzu, um den Spielerpass zu aktivieren. Klingt erst einmal wenig, aber jeder der Jugendliche und Kinder trainiert weiß, wie lange man hinter den Formularen hinterherläuft um diese ausgefüllt zurück zu bekommen und somit einen Pass zu erstellen welcher nur dann berechtigt ist, wenn die Spieler bzw. dessen Eltern einen Account angelegt haben. Die Vertreter des DVV entgegneten dieser Tatsache zwar, dass eine Anmeldung erst ab dem 14. Lebensjahr (U16) zu erfolgen hat, Bedenken aber nicht, dass Spieler schon ab dem 13. Lebensjahr in der U16 spielen müssen und jüngere Spieler teilweise auch schon in der U16 spielen.
Sollte nun aber alles geklappt haben und der Pass ist aktiv sollte man meinen jetzt läuft alles aber dem ist nicht so. Denn da der DVV diese Anmeldung kostenpflichtig machen will, kann es zu Problemen innerhalb der Saison kommen. Und zwar immer wenn das Geld per Lastschrift aus diversen Gründen (unzureichende Kontodeckung, Bankwechsel, etc.) nicht eingezogen werden kann. Denn in dem Moment, wo der Betrag nicht auf dem Konto des DVV eingeht erlischt die Spielberechtigung (mit 28 Tage Frist) und die Vereine bekommen dies unter Umständen nicht mit und riskieren unwissend Ordnungstrafen für den Einsatz eines Spielers ohne Spielberechtigung sowie eine Wertung der betroffenen Spiele zu Null.“
Das Problem der finanziellen Belastung wird dadurch nur verschoben und die versprochene Entlastung der LV erscheint aufgrund der finanziellen Lage des DVV mehr als unglaubwürdig. Außerdem wird den Spielerinnen und Spielern ein kompliziertes Doppelsystem aus LV und DVV auferlegt, was die Bürokratie für Spielerinnen und Spieler sowie für die Vereine unnötig erhöht.

Datenschutz vs. Sponsoren

Wofür ist das Portal eigentlich noch gut? Eingangs erzählten wir von Mehrwerten, wie Vergünstigungen und exklusive Angebote für Nutzer der DVV Card. An dieser Stelle kommen die Sponsoren des DVV ins Spiel.
Natürlich ist eine Registrierung im Portal „Volley Passion“ notwendig um Zahlungsansprüche geltend zu machen, jedoch wird neben dem Vornamen, Nachname, der E-Mail-Adresse, den Kontodaten und dem Geburtsdatum auch verpflichtend zum Beispiel der Wohnort abgefragt. Nach Aussage Ackermanns auf dem WVV Verbandstag wird dieser lediglich für den Newsletter benötigt. Aber warum? Benjamin Grundmann (Abteilungsleiter der Volleyball-Abteilung des Soester TV) erläutert: „Wenn ich den Newsletter nicht bestelle (Opt-In), dann wird mein Wohnort auch nicht benötigt. Meiner Ansicht nach gibt es drei Anwendungsfälle, die alle ihre Berechtigung haben:

  1. Ich bestelle keinen Newsletter, dann ist mein Wohnort nicht relevant.
  2. Ich bestelle den Newsletter, aber möchte keine regionale Werbung und Informationen erhalten, sondern nur allgemeine Informationen.
  3. Ich bestelle den Newsletter und möchte regionale Werbung und Informationen erhalten.“

Die Zwangsangabe von nicht notwendigen personenbezogenen Daten lässt Zweifel an der Aufrichtigkeit der Intention der Funktionäre des DVV und der Sponsoren aufkommen. „Im schlimmsten Fall wird dieses Portal dazu genutzt, damit die Sponsoren an die Daten der Spielerinnen und Spieler zu gelangen. Hierzu wollte nach anstrengenden Diskussionen aber keiner der Vertreter des DVV Stellung nehmen“, so Grundmann.
Der Jahresbeitrag des DVV ließe sich durch die Nutzung von Partnerangeboten auf Null reduzieren. Dadurch wird jeder Spieler gleichzeitig genötigt seine Daten preiszugeben. Das kann nicht der richtige Weg sein.

Zielgruppe durch Premiumnutzer einschränken

Nun könnte man die obigen Risiken und Umstände auch weniger wichtig bewerten, dennoch bleibt ein erheblich fader Beigeschmack an einem weiteren Baustein des Portals „Volley Passion“. Zum einen wird die Plattform und die eingangs erläuterten positiven Ideen der Rankings nur durch Registrierung zugänglich sein. Nach derzeitigem Plan des DVV sogar ab 2019/2020 nur für kostenpflichtig registrierte Nutzer. Zum anderen soll ein Mehrklassensystem installiert werden:

  • Basic - kostenlos
  • Premium – 12 € bzw. 6 € pro Jahr
  • Supporter – 55 € pro Jahr

Warum kann der Nutzer, der Supporter wird nicht selbst bestimmen, welchen Beitrag er gerne zahlen würde? Ein solch starres System wird langfristig keine Zukunft haben und nicht jeder Nutzer kann sich den Sprung von 12 (6) € auf 55 € im Jahr leisten, auch wenn er den DVV gerne unterstützen würde.
Weitergehend erläuterten Schüler und Ackermann auf Nachfrage, dass es möglich sei, dass gewisse Spiele der VBL oder VNL nur noch für bestimmte Nutzergruppen zugänglich gemacht werden könnten, um die Attraktivität der Bezahlaccounts zu steigern.
Warum schränken wir die Zielgruppe lediglich auf aktive Spieler und Interessierte ein, wenn der DVV eigenen Aussagen zufolge den Sport bekannter und tragfähiger machen möchte? Es wird leider dadurch das genaue Gegenteil erzielt. Immerhin wissen wir Sportler, Trainer und Ehrenamtliche selbst, wie toll unsere Sportart Volleyball ist und was uns unser Sport bietet. Es sollte unser Anliegen sein, andere, die noch nicht vom Volleyball-Virus infiziert sind für unsere Sportart zu begeistern.

Weitere Informationen und Darstellungen finden Sie z.B. auf folgenden Portalen:

  • sponsor_stv1.jpg
  • sponsor_stv.jpg
  • sponsor_sparkasse_soest.jpg
  • sponsor_stv2.jpg

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